Trollstigen, Geiranger & Sognefjord
Morgen soll es regnen, heute ist es noch relativ heiter. Schön wenn man die Reiseplanung flexibel handhaben kann, also fahren wir heute noch über den Trollstiegen Richtung Fjord-Norwegen.
Den Trollstigen muss man eigentlich früh am Morgen angehen, bevor die Reisebusse und Wohnmobile kommen. Immerhin haben wir das Glück, ihn bei recht gutem Wetter zu sehen, denn die Motorradfahrer, die wir am nächsten Tag auf der anderen Seite treffen, hatten hier oben nur Nebel! Wir campen noch vor der nächsten Fähre auf einem Platz mit neuem Besucherzentrum Gundbrandsjuvet, wo sich der Fluss in einer tiefen, aber nur 5 m breiten Schlucht durch die Felsen zwängt. Was uns allen hier aber am besten gefällt, ist hier leider nur unscharf im Hintergrund zu sehen. Den bescheuert dreinblickenden Typ im Vordergrund könnte man auch wegretuschieren, der diente nur als Vorwand für’s Foto.
Tags drauf sind wir dann am Geirangerfjord. Genauer gesagt: Oberhalb des Fjords, irgendwo da unten ist er!
Die Wolkendecke ist ständig in Veränderung, etwas später am Tag siehts dann schon besser aus!
Wir schauen uns erst mal alle drei Campingplätze am Fjord an, entscheiden uns dann aber für den direkt an der Adlerstrasse. Nicht ganz ernst gemeint ist mein Argument, es wäre der sicherste Platz: 15 km weiter in Richtung Meer wird nämlich irgendwann in nicht allzu ferner Zukunft ein gewaltiger Bergsturz erwartet. Die einzige Möglichkeit, dann der 80m hohen Flutwelle zu entkommen, wird sein, sehr schnell an Höhe zu gewinnen. Geiranger wird dann zur Todesfalle. Es bleibt zu hoffen, daß diese Naturkatastrophe im Winter eintrifft, wenn weniger Touristen im Ort sind. Irgendwann wird es soweit sein, soviel ist sicher, die Frage ist nur wann…!
Auf dem Campingplatz teilen wir uns mit drei Zelten zwei Stellplätze. Als dann am Nachmittag ein weiterer Motorradreisender auftaucht haben wir nichts dagegen, den Platz mit ihm zu teilen. Und so kommt „Lost Viking Nummer 5“ zur Truppe: Dennis, 19 Jahre jung, seit 6 Monaten im Besitz eines Motorradführerscheins, ist mit seiner Kawasaki KLE500 gleich nach Norwegen gefahren. Respekt! Willkommen im Team, junger Mann!
Dennis wird für den Rest der Tour mit uns fahren – zwar kann er den Altersdurchschnitt in der Truppe nicht nennenswert senken, aber immerhin fühlen wir drei Männer mittleren Alters uns gleich viel jünger! 🙂
Und noch ne Premiere: am nächsten Tag nehme ich Dennis mit zu einer Tageswanderung hinaus zum Berghof Skageflå. Der Hof ist heute nicht mehr bewirtschaftet. Kein Wunder, denn er liegt 250 Höhenmeter oberhalb des Fjords und ist vom Wasser aus nur über einen abenteuerlichen Steig zu erreichen. Und dorthin kommt man nur mit dem Boot! Dann müssen wir nochmal 250 Höhenmeter weiter hoch, durch regendurchtränkten Urwald mit unregelmässigen Schauern, bis wir auf der anderen Seite des Berges hinunter nach Geiranger wandern können.
Nach zwei Tagen in Geiranger wollen wir weiter nach Süden. Fährt man die Serpentinenstraße von Geiranger nach Süden, kann man dann einen kurzen Schlenker nach Osten machen, um dann den Gammle Strynefjellsvegen nach Westen zu fahren. Auf diese Weise umfährt man auch einige langweilige Tunnels. Als wir, oben angekommen, anhalten, sehe ich wie Dennis‘ Bike ein Spur hinter sich herzieht. Sch…, das ist Benzin! Schnell laden wir das Gepäck ab, für den Fall das sich was entzündet. Wir fangen an, das Motorrad zu zerlegen. Dennis telefoniert noch mit einem Bekannten in Deutschland, dann ist klar: irgendwas im Vergaser klemmt, das Ding läuft über! Keine Ahnung wieviel Sprit er schon auf der Straße verteilt hat. Und von Vergasern hab ich nun wirklich keine Ahnung, ich verlasse mich auf die „neumodischen“ aber zuverlässigen Einspritzsysteme, die nur aus einer Pumpe und einer Düse bestehen. Den Gammle Strynefjellsvegen lassen wir mal lieber sein, wir fahren auf direktem Weg in’s Tal zur nächsten Tanke. Immerhin hat das Bike jetzt aufgehört zu pinkeln…
Ein Paar Tage später kommen wir ohne weitere technische Komplikationen am „Campingplatz mit Wasserfall“ in Fortun am Sognefjord an. Die Fahrt dorthin auf der Ostseite des Fjord ist herrlich, ich finde das ist eine der schönsten Asphaltstrassen Norwegens!
Vom Campingplatz aus bieten sich mehrere Tagestouren an. Mein Favorit ist die Tour hinauf zum Nørdstedalsseter, eine Route, die wir voriges Jahr bereits fuhren. Von fast Meeresspiegelniveau geht es zunächst durch Nadelwald, dann Birkenwald und immer höher hinauf. Irgendwann erreicht man die Baumgrenze, ringsum nur noch kahle Berge. Schließlich dominieren fast nur noch Steine und Moose die Landschaft. Ganz oben gibt es mehrere kleine Schotterwege, die wir alle ausprobieren. Der Weg, der am weitesten hinauf in die Berge führen würde, ist aber nach einem halben Kilometer noch immer verschneit, kein Durchkommen mit der dicken KTM auf TKC70 Reifen. Mit der leichten CCM und Stollenreifen ginge es vielleicht noch weiter. Aber immerhin: Dieses Jahr liegt wesentlich weniger Schnee als voriges Jahr!
Wie gesagt hatten wir dieses Jahr unglaubliches Glück mit der Schneelage, so wie schon zuvor bei der Auffahrt zu Blåhö und Trontoppen. Hier mal ein Vergleich:
Am Nachmittag wollen Alex und Lutz eher einen auf faul machen, auch ok. Ich fahre mit Dennis noch mal los, zum Gletscher Nigardsbreen. Ca. eine Stunde sind wir zu Fuß unterwegs, bis wir endlich am Gletscherfuß angekommen sind. Welch herrliche Farben!
Vor lauter jugendlichem Übermut macht Dennis Luftsprünge – sein erster Besuch an einem Gletscher.
Übers Sognefell nach Osten
Wie schnell sich das Wetter hier in Norwegen ändern kann, zeigt sich mal wieder am nächsten Tag. Jotunheimen, das Gebirge der Riesen, hüllt sich in dichten Nebel. Sinnlos bis zur Passhöhe rauf zu fahren. Also geht’s von Turtagrø hinüber nach Øvre Årdal. Hier oben müssen die Trolle wirklich besonders groß sein. Nur wenige Touristen kennen die Wahrheit: Das hier sind keine normalen Hochspannungsleitungen. Psssst…. das sind TROLLZÄUNE! Dreireihig, boah! Wer’s nicht glaubt, sollte mal den norwegischen Film „Trolljägaren“ anschauen!
Nichts ist umsonst, manchmal noch nicht mal die Straße…
Andere Höhenstraßen darf man dagegen umsonst befahren, so wie diese zufällig entdeckte Überquerung des Slettefjell. Manchmal muss man sich einfach nur die Zeit nehmen und still staunen! Leider kündigt sich bei Lutz eine Erkältung an und er macht das einzig vernünftige: Er bricht hier ab und trennt sich von uns. Er fährt mal schnell nen „Iron Butt“ und brettert die 1200 km am Stück bis nach Hause durch und ist 16 Stunden später in Lübeck!
Ein Paar Tage später. Wir sind wegen des im Westen schlechten Wetters wieder nach Ostnorwegen abgeschwenkt. Eigentlich wollte ich gerne von Odda aus auf die Trollzunge wandern. Und auch ganz im Süden wäre eigentlich auch ein Ziel vorgesehen gewesen, aber der Klemmblock Kjerag wird noch einen oder zwei Sommer auf mich warten müssen. Beides macht im Regen keinen Sinn.
So fahren wir mit Dennis noch einmal den Per-Gynt-Vegen, diesmal bei bestem Sonnenschein. Am südlichen Ende nahe Skej lädt eine Våffelstuga (ein Café mit frischen Waffeln) zu einer Rast ein. Aber nicht nur die Waffeln haben es uns angetan, hier gibts auch noch ganz andere Naturschönheiten zu sehen. Unglaublich, wie viele wunderschöne Frauen uns in Norwegen begegnen! Auch Dennis kann sich nicht ganz den weiblichen Reizen entziehen. Und so kann ich’s nicht lassen: Ich spreche eine der Bedienungen (zum Abwechslung mal nicht blond) auf schwedisch an und erkläre ihr, daß mein junger deutscher Freund völlig fasziniert ist von all den wunderschönen norwegischen Mädels. „Er hätte so gerne ein Foto mit dir!“ Und keine Minute später sitzen ein verdutzter Dennis und die hübsche Norwegerin nebeneinander auf einer Bank zum Fototermin! 🙂 Leider haben wir sie noch nicht mal nach ihrem Namen gefragt.
So langsam geht unsere Tour zu Ende. Dennis schlägt Kurs Süd ein, jetzt sind nur noch zwei Lost Vikings unterwegs in Norwegen. Ich biete Alex an, noch mit mir nach Schweden zu fahren. Ein paar Tage hab ich auch noch Zeit. Am Femundsee finden wir ein herrliches Plätzchen zum wilden Zelten. Tags drauf sind wir in Rosentorp http://www.nordicbiker.se/?page_id=50. Mein Kumpel Wille stößt dort noch kurz dazu, wir fahren dort eine Tagestour aber dann trennen sich unsere Wege endgültig. Für Wille und mich gehts heim nach Stockholm, Alex schlägt Kurs Süd ein und ist ein Paar Tage später wieder in Deutschland. „The Lost Vikings Tour 2016“ ist beendet.
Männer, was hatten wir für ne tolle Zeit miteinander! Ich hoffe wir schaffen es, in dieser Truppenstärke noch einmal zusammen zu fahren, das schließt auch dich mit ein, Dennis! Vielleicht fahren Alex und ich ja zusammen nächstes Jahr nach Island?
Die GPS files gibts auf Anfrage per email!